Landwirtschaft anders:
von Bienen & Schwammerl & Kompost
Zu den ersten langersehnten Afterwork Landpartien in diesem Jahr trafen sich am 19. und 25. Juni 2020 sowie
am 17. Juli 2020 bei wechselhaftem Frühsommerwetter bestens gelaunte TeilnehmerInnen und begaben sich gemeinsam auf die Spuren „Von Bienen & Schwammerl & Kompost“ in den 22. Wiener Gemeindebezirk. Im Café im Leo oder bei Hut & Stiel in der Kleinen Stadtfarm fand der gemütliche Ausklang bei bestem Bio-Steckerlfisch und Schwammerlspeisen statt.
Gangl’s Bio-Honigschmiede, 1220 Wien
Unsere AfterWork Landpartie wurde herzlich von Gernot und Margarete Gangl im Garten des ehemaligen Elternhauses am Gänseblümchenweg empfangen und wir tauchten gleich ein in die wunderbare Welt der Bienen. Hier gründete Gernot 2010 seine Imkerei, nachdem er seinen ursprünglichen Beruf aufgegeben hat, und betreibt diese im Vollerwerb und nach biologischen Richtlinien. Seine 150 – 200 Bienenstöcke stehen an verschiedenen Stellen wie Windschutzgürtel udgl. Als routinierter „Schule am Bauernhof“-Betrieb konnte uns Gernot spielerisch mit diversen Anschauungs-materialien und seinem Bienenschaukasten das Wesen und die Lebensweise der wunderbaren Bienen näherbringen, sowie die Arbeitsweise eines Imkers erklären. 40 – 80.000 Bienen leben in einem Bienenstock mit einer Königin und einigen hundert Drohnen. Junge Königinnen fliegen im Alter von 1 – 2 Wochen zur Paarung zu sogenannten „Drohnensammelplätzen“ aus. Bei diesem Hochzeitsflug wird die Königin von 10-15 Drohnen, welche anschließend sterben, begattet. Die aufgenommenen Samen reichen der Königin um bis zu 2000 Eier täglich (außer im Winter) im Laufe der nächsten 3 – 4 Jahre zu legen. Die Biene ist aufgrund ihrer Bestäubungsleistung das drittwichtigste Nutztier – 80 % aller Obst- und Gemüsearten werden von Insekten bestäubt. Es gab noch viel zu besprechen über den Rund- und Schwänzeltanz bis hin zum Gelee Royale. Gernot zeigte uns die Ernte: Nach kurzem Räuchern werden die Waben entnommen, entdeckelt und dann geschleudert. Wir durften das frisch geerntete „flüssige“ Gold auch gleich verkosten und aus der reichen Honigpalette von Gangl's Bio-Honigschmiede auswählen.
Fotos: ÖKL
Hut & Stiel, 1220 Wien
Keine 10 km davon entfernt im 22. Bezirk findet sich das innovative Start Up „Hut & Stiel“ in der Kleinen Stadtfarm am Naufahrtweg. Manuel und Florian hatten während ihrer Studienzeit die Idee, Speisepilze auf Kaffeesatz zu züchten. Sie starteten ihr Projekt 2018 zu dritt und aufgrund des großen Erfolges arbeiten mittlerweile 7 Personen bei „Hut & Stiel“ Die Austernpilze wachsen praktisch auf einem Abfallprodukt welches in einer Großstadt wie Wien nahezu unendlich zur Verfügung steht. Zu den Partner-Betrieben zählen neben der Gastronomie die Uno City, die WU, der Erste Bank Campus usw. Sie alle sparen sich dadurch die Entsorgung des Kaffessatz und so wird aus Abfällen ein neues Lebensmittel geschaffen. In einer Futterspirale werden pasteurisierter Kaffeesatz mit etwas Heupellets, Kalk und Kaffeehäutchen mit der 4 % Körnerbrut (=Mycel auf Hirse) vermischt und in Säcken abgefüllt. Diese werden 2-3 Wochen bebrütet. Im Weinstollen in Klosterneuburg wachsen die Pilze und werden von Hand in 3 Erntewellen im Laufe von 8 Wochen geerntet. Aus 100 kg Kaffeesatz entstehen ca. 20 kg Pilze. Diese werden entweder als Frischware (Gastronomie und Einzelhandel) oder verarbeitet (Sugo, Aufstriche, Pesto, Gulasch) an 60 Spar-Filialen und andere Abnehmer geliefert. Eine weitere Absatzmöglichkeit ist die Pilzzucht für daheim – als DIY kann man sich einen „Pilz-Kübel“ kaufen und selbst daheim ernten.
Die Verkostung der Austernpilze in ihren unterschiedlichen Verarbeitungsformen im Café im Leo war ein Highlight.
Fotos: ÖKL
Kleine Stadtfarm, 1220 Wien
Zum perfekten Abschluss trafen wir noch Nikolai Ritter von der Kleinen Stadtfarm. Die Stadt Wien hat die 5 ha des ehemaligen Polzer-Bio-Betriebes an den Verband „Die Kleine Stadt Farm" verpachtet. In diesem Verband arbeiten 20 verschieden Vereine und Initiativen mit ca. 400 Leuten zusammen - von den „LobauerInnen“ über „Hut & Stiel“ bis zum „Verein Moment – soziale Kompetenz durch Pferdekraft“.
Nach der allgemeinen Übersicht zur Kleinen Stadtfarm gab uns Nikolai eine spezielle Einführung in die Kompostbereitung „Terra Preta“ (=Schwarze Erde). Laut Nikolai wurde diese Methode im Amazonasgebiet von Indigenen Völkern „erfunden“. Alle Feuerreste (= immer abgelöschte Holzkohle), sowie Küchenabfälle und Exkremente wurden in Tontöpfen gesammelt und diese in den Feldern eingegraben. Der Anwuchs von Bäumen sprengte die Töpfe und es entstanden die fruchtbarsten Böden der Welt.
Folglich liegt das Hauptaugenmerk bei der „Terra Preta“-Herstellung im Einmischen von Holzkohlestaub (ca. 10 %) in die Kompostschichten. Holzkohle wirkt wie ein Schwamm – sie speichert Wasser, Mikroorganismen und Nährstoffe.
Ausserdem bindet sie im Holzkohlestab nachhaltig CO2 in den Boden, was gut fürs Klima ist und „Klimafarming" genannt wird.
Nach all den unterschiedlichen und hochinteressanten Informationen zu so vielen verschiedenen landwirtschaftlichen Themen konnten wir den Nachmittag bei zwei AfterWorks gemütlich und genüsslich bei Bio-Steckerlfisch und Bio-Duroc-Koteletts und Schwammerlpizza im Café im Leo in der Kleinen Stadtfarm ausklingen lassen!! Ein Besuch lohnt sich!
https://www.facebook.com/kleinestadtfarm
https://www.facebook.com/cafeimleo/
Fotos: ÖKL