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Würzbrauer & Reisbauer
09. September 2022

Genusskoarl, Wolkersdorf, NÖ

Der Freitag startet bewölkt und etwas frischer als die letzten Wochen, um Punkt 15:00 Uhr in Leopoldau. Unsere Busreise geht zirka zwanzig Minuten nach Wolkersdorf ins Gewerbegebiet, auf dessen Weg uns die Projektleiterin Kornelia Zipper schon etwas über den Genusskoarl und seine Würze-Herstellung erzählt. Karl Severin Traugott studierte Lebensmitteltechnologie und beschreibt seine Tätigkeit als „Kochen in Tonnen“. Auch wenn diese Beschreibung gar nicht so weit hergeholt ist, wie wir bei der späteren Führung durch die Produktionsräume sehen, ganz den herrlich schmeckenden Endprodukten wird diese Beschreibung nicht gerecht.

Seine Produkte sind übrigens keine Gewürze, sondern Würze worin ein klarer Unterschied liegt, erklärt uns Severin während die Wolken über uns immer dichter und der Wind stärker wird. Denn: Gewürze sind geschmackliche Einzelteile, wie Paprika, Kreuzkümmel, etc., während in einer Würze eine Mischung, mit der entscheidende Komponente des Umami-Geschmacks, enthalten ist. Umami ist eine der Geschmacksrichtungen, die unsere Zunge neben süß, bitter, sauer und salzig erkennen kann. Zu Umami kann man auch Eiweiß- oder Proteingeschmack sagen und es lässt uns Speisen als „rund“ empfinden, was in einigen Lebensmitteln bereits von Anfang an enthalten ist. Er kann aber auch hergestellt werden, beispielsweise durch klassische Fermentation und das passiert auch beim Genusskoarl.

Eines seiner zentralen Produkte, die Wiener Würze (diese ist auch Ausgangsprodukt für drei weitere Varianten im Sortiment) besteht ausschließlich aus Lupine, Hafer, Wasser und Salz. Die Lupinen werden über Nacht in Wasser eingeweicht und am nächsten Tag in einem Druckkochkessel gekocht. Der Hafer wird geröstet und geschrotet. Eine Salzlauge wird aus Salz und Wasser vorbereitet. Nach einigen Arbeitsschritten werden diese, durch den Zusatz von Koji Sporen (einem Schimmelpilz, ähnlich wie beim Weißschimmelkäse) mit verschiedenen Temperaturzuständen, fermentiert und gefiltert entfalten sie ihre Wunder. Mitsamt einer anschließenden Gärung wird so innerhalb eines halben Jahres die Würze hergestellt.

Kleiner Faktencheck: Die Hülsenfrucht Lupine wird in Österreich auf nur 260 ha angebaut und deckt damit auch schon den gesamten Verbrauch pro Kopf ab. Als Leguminosen werden Lupinen häufig in der Fruchtfolge eingesetzt, sodass sich der Boden von dem zehrenden Gemüse- und Getreideanbau erholen kann. Funktionieren tut dies über die Knöllchenbakterien in den Wurzeln der Pflanzen, die Stickstoff im Boden binden und dadurch diesen anreichern.

Nachdem wir mit Haarnetzen und Masken ausgerüstet wurden, ging es eine Runde durch die Lager- und Produktionsräume. Wir bestaunten die großen, metallenen Würze-Kessel, denen trotz dem fast klinischen Ambiente, ein Charme verliehen wurde. So trägt ein jeder Kessel ein Namensschild von jeweils derjenigen Person, die den Inhalt gebraut hat. Später hat dann auch die fertige Würze den Namensstempel des Brauers oder der Brauerin aufgedruckt.

Verkosten durften wir das ganze Sortiment, unter anderem auch das Bioprodukt des Jahres 2022: Das Kichererbsen-Miso. Alles schmeckt herrlich würzig und intensiv, sodass die Kochkreativität gleich angeregt wird und als Highlight der Autorin dieses Berichts muss die Tiroler Würze genannt werden, die wie „flüssiger Speck“ einem auf der Zunge zergeht.

AfterWork_Würzbrauer & Reisbauer (c) ÖKL_220909 (59).jpg

Die zweite Landpartie in diesem Spätsommer entführt uns vor die Tore Wiens, zu zwei innovativen und jungen Bio-Lebensmittelproduzenten der etwas anderen Art. So besuchen wir den „Genusskoarl“, der bereits zweimal den Preis für das Bioprodukt des Jahres erhalten hat und bei der zweiten Station „ÖsterReis“ sehen wir uns Reis aus Österreich an, sowohl am Feld als auch in der weiteren Verarbeitung.

 

Fotos: ÖKL

ÖsterReis, Gerarsdorf, NÖ

Erster Nieselregen setzt ein und wir springen zurück in den Bus, der uns zu unserem zweiten Ziel des Tages bringt: Das Reisfeld. Akrobatisch steigen wir über die einzelnen Reihen Reis hinweg und finden uns mitten zwischen den Pflanzen ein. Und das ganz ohne nasse Füße? Ja, denn bei ÖsterReis wird das Feld nicht geflutet. Das wäre bei unseren Böden auch gar nicht möglich, erklärt uns Gregor Neumeyer, da diese zu sandig und schottrig sind und sich die Wassermenge nicht an der Oberfläche halten, sondern versickern würde.

Zwar muss man so regelmäßig Unkraut jäten, besonders zu Anfang wo die zarten Reissprösslinge noch unter der Erde wachsen und Konkurrenzpflanzen bereits viel früher den Platz besetzen wollen. Doch lässt die trockene Anbauweise auch Vorteile entstehen, die dem Klima und auch uns Menschen guttun. So kann ÖsterReis von sich sagen, sich durch den Anbau nicht an weiterem Methanausstoß zu beteiligen. Denn: Durch das stehende Wasser entsteht bei normalem Reisanbau Fäulnis im Boden, welche Methan freisetzt und an die Atmosphäre abgegeben wird. Als Klimagas ist Methan (CH4) rund 25-mal klimaschädlicher als CO2. Somit nimmt der Nassreisanbau weltweit den zweiten Platz der größten Produzenten von Treibhausgasen ein! Außerdem wird durch die Flutungen das Schwermetall Arsen aus der Erde ausgeschwemmt und vom Reis aufgenommen werden. Da dies ebenfalls beim Trockenreisanbau wegfällt, kann dieser als Einziger als arsen-frei bezeichnet werden.

Ein weiteres Kriterium für Reisanbau ist die Temperatur, erst bei Temperaturen über 15 Grad fühlt sich Reis richtig wohl. Die Fläche auf der wir stehen ist etwa 5 ha groß und um uns herum wachsen vier verschiedene Reissorten. Der Grund dafür: Gregor selbst fokussiert sich auf den Anbau von Saatgut, welches er dann mit 15 bereits in Kooperation stehenden Landwirt*innen teilt. Diese bestellen dann erst das Land mit dem Reis, den wir uns bei der Verkostung später schmecken lassen. Insgesamt werden so bereits 60 ha an Fläche für ÖsterReis angebaut (in ganz Österreich sind es insgesamt nur 100 ha, die überhaupt für den Reisanbau verwendet werden)!

Es wird langsam frisch in den Fingern und wir wandern einigermaßen zügig zum Autobus zurück und freuen uns auf die schützenden Wände des Innenhofs vom Gerasdorfer Reisbauern. Hier erklärt uns Gregor noch die feinen Unterschiede von Langkorn-, Rundkorn- und Mittelkornreis, wobei Letzterer quasi das Universaltalent ist, da man ihn für alles verwenden kann und dieser wird auch bei ÖsterReis  angebaut. In der hofeigenen Reismühle werden alle Verarbeitungsschritte durchgeführt:  Zuerst wird der Reis geschält – das ergibt den Natur- oder Vollkornreis – und wenn man diesen poliert erhält man den weißen Reis. Als „Nebenprodukte“ bekommt man im ersten Schritt die Spelzen (die u.a. von öKLo abgenommen werden) und im zweiten Schritt die Kleie. Wir gehen weiter, wo uns die Familie bereits mit einem reich gedeckten Tisch erwartet. Es gibt gekochten Reis, Reischips aus hauseigener Produktion, sowie auch Reisbier und Sake zu probieren. Gemütlich lässt man hier den Ausflug auf Bierbänken ausklingen und mit vollen Einkaufstaschen geht es dann wieder zurück nach Wien.     

                                                                                                                                                                            Bericht: Nadine Nachtmann

Fotos: ÖKL

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