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Von Gänseschnattern & Herbstgemüse
6. Oktober 2023
AfterWork_Gänseschnattern & Herbstgemüse (c) ÖKL_231006 (33).jpg

Passend zur Vor-Martinizeit steht die mittlerweile traditionelle Landpartie „Gänseschnattern & Herbsgemüse“ an. Wir fahren nach Göllersdorf ins Weinviertel um den Bio- Gänsehof Riedl und den Biohof zum Grünen Baum zu besichtigen. Wieder einmal von Sonnenschein verwöhnt starten wir im Gemeinschaftsbus überpünktlich Richtung Norden und Kornelia Zipper nutzt die Fahrtzeit um eine Herzensangelegenheit mit uns teilen - siehe Faktencheck rechts. Selina Kräutler, die neue Mitarbeiterin präsentiert einen Überblick zum Thema Gemüse.

 

Biohof Hermann Riedl, Porrau, NÖ

Am Biohof Riedl eingelangt begrüßen uns Hermann Riedl und seine Nachbarin Doris Gschladt (Obfrau des Vereins Weinviertler Weidegans) zusammen mit ihren Familien und in großer Gruppe spazieren wir zu den „Hühner-Weiden“. Zuerst besuchen wir die sportlich anmutenden Wildhühner die durch hohe Gräser strawanzen oder es sich in den selbstgebauten Stallungen gemütlich machen. Die Lebensdauer der speziell gezüchteten Freilandrasse beträgt ca. 12 Wochen. Das Fleisch der Freilandhühner ist sehr muskulös und muss für den zarten Geschmack länger gekocht werden als jenes von „0815 Hühnern“.

Vorbei an einer fröhlich grunzenden Schweinefamilie, wie aus dem Bilderbuch, geht es nun weiter zu den Legehennen zu einer großzügigen Wiese und einem von Hermann selbstgebauten Hühnerstall auf Rädern, der jedes Monat auf eine neue Fläche wandert. Ihre Eier (ca. 300/Tag) werden hauptsächlich Abhof verkauft. Die Hühner, die während Hermanns Erzählungen um uns streifen, zeigen selbst dann keine Scheu, als ein Huhn nach dem anderen von den Kindern hochgenommen und herumgereicht wird. Die Lebensdauer der Legehühner beträgt zwischen 14 und 16 Monate, danach werden sie als Suppenhuhn verkauft.

Die Schlachtung findet, genau wie bei den Gänsen und Enten, direkt am Hof statt. Hierfür werden die Tiere mit Strom betäubt und anschließend mit einem Stich in die Halsschlagader ausgeblutet, was sich innerhalb einer halben Minute abspielt. Zuerst in den Brühkessel und danach werden die Federn in der Rupfmaschine entfernt. Bei den Gänsen und Enten braucht es aufgrund ihres  dichteren Federkleids mehrere Arbeitsschritte. Abschließend nehmen Doris, Hermann und freiwillige Mithelfer:innen die Gänse aus und verpacken sie für den Verkauf. Die Daunen werden gesammelt, in einer Federtrocknungsanlage weiterverarbeitet und schlussendlich an Bettenfabriken verkauft.

 

Ein etwas größerer Faktencheck ...

Anders als das Huhn, steht die Gans bei uns fast nur einmal im Jahr auf der Speisekarte: als „Martinigansl“. Ganze 600.000 Gänse werden hierfür in Österreich verspeist, wovon aber nur 32% auch regional sind. Zum Vergleich: Masthühner werden 100 Millionen im Jahr geschlachtet. Die Gänse kommen hauptsächlich aus Ländern wie Ungarn oder Polen wo Intensivmast ohne Bewegungsmöglichkeit für die Tiere weit verbreitet ist. Hier ist außerdem Lebendrupf und die Zwangsmast = Stopfen von Gänsen noch erlaubt, was bedeutet das zigausend bei uns verspeiste Gänse dieses Schicksal wahrscheinlich hinter sich hatten. Was man dagegen tun kann? Am besten sich erkundigen woher das Martini- oder Weihnachtsgansl kommt – und nur Gänse aus Österreich essen!

Ein Stück den Feldern entlang, gelangen wir zu den Hauptakteuren des Nachmittags: die Eskildsen-Weidegänse. Die nicht ganz so zahmen Federfreunde begrüßen uns mit einem aufgeregten Geschnatter, während Doris uns etwas mehr zu der österreichischen Weidegans erzählt. Weiden dürfen die Gänse hier wirklich uneingeschränkt, daher muss auch eine Fläche von 80 m²- 100 m² pro Tier gerechnet werden, da ihnen sonst das Gras nach der Zeit ausgehen würde, denn eine Gans frisst pro Tag um einen Kilo Gras!

 

Die Gössel (Gänseküken) kommen im Frühjahr von einem gemeinsamen Zuchtbetrieb zu Doris und Hermann, wo sie noch in einem 28-30 Grad warmen Stall bleiben und über einen Zeitraum von drei Wochen langsam an die kühleren Temperaturen draußen gewöhnt werden. Von da an sind sie durchgehend draußen, und von einem Elektrozaun von Räubern geschützt. Doris stellt klar, dass es unter den Weidegänsen eine klare Rangordnung gibt und die Tiere klassisches Herdeverhalten zeigen. Bei Gefahren reagieren die Tiere mit Abwehrmechanismen. Im Oktober/November steht dann die Schlachtung an. Zum Vergleich: bei einem konventionellen Betrieb sind die Gänse nach 4 Wochen schlachtreif. Auch die Schlachträumlichkeiten schauen wir uns jetzt noch an. Doris, Hermann und der große Kundenstamm sind von der Qualität ihrer Arbeit überzeugt. „Wenn die Qualität in der Landwirtschaft stimmt, dann gibt es auch Kunden. Das Team braucht vergleichsweise sehr lange für die gewissenhafte Verarbeitung im Schlachtraum und wir sind stolz darauf“, so Doris. Das verdient einen Applaus. In einem Schwung kommen wir wieder zurück zum Hof, wo uns eine warme Hühnersuppe mit Nudeln, köstlicher Spekck und Eiaufstrichbrote mit Traubensaft erwarten.

Noch schnell ein Abstecher in den Selbstbedienungs-hofladen und wir marschieren mit Marion die uns abholt gemeinsam im Gänsemarsch zu ihrem Biohof zum Grünen Baum direkt daneben.

Biohof Hermann Riedl
 

Porrau 51, 2013 Göllersdorf
 

https://biohof-riedl.at/

Fotos: ÖKL

Biohof zum Grünen Baum, Porrau, NÖ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marion Aigner-Filz ist eine Bio-Pionierin, denn sie hat den Betrieb von 3,5 ha vor bereits 32 Jahren übernommen. Noch nicht einmal mündig unterschreiben durfte Marion, als sie sich entschloss den elterlichen Betrieb weiterzuführen und auf ökologischen Landbau umzustellen um ein sortenreiches Gemüseangebot aufzubauen. Mittlerweile bewirtschaftet sie die Flächen mit ihrem Mann Herbert und zwei permanenten Mitarbeiter:innen.
Sie besitzt ebenfalls einen wunderschönen Hofladen, der nicht nur das Gemüseherz höherschlagen lässt: Hinter einer Theke stapeln sich auch unterschiedliche Kuchenbleche, Brote, Säfte, handgemachte Nudeln und noch vieles mehr.

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Nach dem Einkauf geht es auf das Feld hinaus, in die idyllische Abendstimmung. Während uns die Bäuerin mit ihren Geschichten verzaubert, gräbt sie Kräuter und Knoblauch aus, zupft Unkraut, erntet Riesenkohlrabi Superschmelz und ackert ein bisschen um. Das meiste wächst hier im Freiland, aber auch einige Folientunnel stehen auf der Fläche und laden uns zum Durchprobieren ein. Obwohl es bereits Oktober ist, stehen noch Tomaten zum Kosten bereit - insgesamt hat die Landwirtin über 60 Sorten im Repertoire. „So wunderbar. Ich kann nix mehr aufnehmen vor lauter schön“, freut sich eine Teilnehmerin, während wir im nächsten Gewächshaus Feigen naschen. Neben den Feldflächen der kleinstrukturierten Landwirtschaft ist im letzten Jahr auch ein neues Projekt entstanden: Urlaub am Bauernhof mit zwei edel und authentisch designten Unterkünften, benannt nach ihren Töchtern.  
Zum gemütlichen Abschluss kehren wir noch in ihre Gemeinschaftsräumlichkeiten ein, wo es noch einen Süßkartoffeleintopf (mit Bananen!), Reis und eine köstliche Suppe zum Wohlfühlen gibt. „Der Mensch ist ein lebendiger Acker auf dem dasjenige wächst, was man pflanzt und pflegt“, lesen wir als Schriftzug an der Wand und dürfen zur Verdauung noch Marions gesunden Nusslikör verkosten. Mit vollen Bäuchen und Einkaufstaschen wandern wir wieder zurück zu unserem Bus, der uns ins spätabendliche Wien zurückführt.

 

Biohof zum Grünen Baum
 

Porrau 49, 2013 Göllersdorf
 

http://biohofzumgruenenbaum.at/

Fotos: ÖKL

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