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​G'schichtln aus dem Wienerwald

6. Mai 2022

 

An diesem Freitagnachmittag treffen sich 23 Personen in Siebenhirten, in Vorfreude auf einen schönen Ausflug in den Biosphärenpark Wienerwald und in der Hoffnung, dass es nicht regnet ... während wir im Bus sitzen, beginnt es erstmal zu schütten … aber dann im Wienerwald wird und bleibt es trocken! Wir haben Glück!

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Kornelia Zipper, Projektleiterin von AfterWork am Bauernhof, begrüßt uns und führt uns wie immer ins Thema ein. Da wir zwei Rinder haltende Betriebe besuchen, beginnt sie mit den prinzipiell möglichen Ausrichtungen: Man unterscheidet Milchviehhaltung zur Produktion von Milch und Mutterkuhhaltung zur Produktion von Fleisch.

Einige Zahlen aus dem Grünen Bericht bzw. aus einem Bericht der ZAR:

Von den aktuell 156.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Österreich sind 26.000 Milchviehbetriebe. Ein Blick in die Vergangenheit: 1995 waren es noch 78.000. Die Österreicherin bzw. der Österreicher trinkt im Jahr im Durchschnitt 75 Liter Milch! Der Selbstversorgungsgrad bei frischer Kuhmilch ist 170 Prozent. Die gesamte Milch in Österreich ist gentechnikfrei, das heißt, dass keine gentechnisch veränderten Futtermittel eingesetzt werden.

Wann gibt eine Kuh Milch? Dann, wenn sie schon ein Kalb geboren hat. Davor ist sie selbst ein „Kalb“ (bis 6 Monate), dann ein Jungrind und mit eineinhalb Jahren wird das weibliche Tier geschlechtsreif und wird als Kalbin bezeichnet. Trächtig ist eine Kalbin 9 Monate. Nach der ersten Geburt wird die Kalbin zur Kuh, das junge Kalb wird von der Mutter getrennt und die Kuh wird für die Milchproduktion gemolken.

Fleischproduzierende Betriebe gibt es aktuell 55.000 in Österreich. Wir essen in Österreich pro Jahr im Durchschnitt rund 20 kg Kalb-, Jungrind- und Rindfleisch; der Selbstversorgungsgrad beträgt 142 Prozent.

In Österreich werden (mit Ende 2020) insgesamt ca. 1,85 Millionen Rinder gehalten. Die durchschnittliche Bestandsdichte liegt bei ca. 34 Rinder je Betrieb. Nicht einmal 3.000 Betriebe halten mehr als 100 Rinder, nur 3 Betriebe in ganz Österreich halten mehr als 1 000 Stk. Damit sind die heimischen Betriebe im internationalen Vergleich sehr klein strukturiert.

Am weitesten verbreitet ist in Österreich ist das Fleckvieh, diese Rasse ist eine Doppelnutzungsrasse – also milch- und fleischbetont - und eignet sich also für die Mutterkuhhaltung und für die Milchproduktion. Im Durchschnitt gibt eine Kuh in Österreich 7.000 bis 10.000 Liter Milch in einem Jahr (in extensiver Haltung auch darunter).

Biohof Berger

Die erste Station ist der Biohof Berger in Nöstach (NÖ) in wunderschöner Lage im Biosphärenpark Wiederwald. Nur eine kurze Fahrt von Wien und wir fühlen uns wie in einer anderen Welt! Alles saftig grün und so ruhig, rundherum die Hügel, die blühenden Bäume, einfach herrlich! Die Betriebsführer Christian und Annemarie, Christians Vater und der 3jährige Konstantin begrüßen uns herzlich und führen uns gleich in den ziemlich neuen hellen, luftigen und großen Laufstall, in dem 50 Milchkühe (Fleckvieh und Jersey) gehalten werden. Gefüttert wird – sofern die Tiere nicht auf der Weide sind - mit Grassilage und Heu und ein bisschen Mais und Getreide. Von einem Nachbarbetrieb bekommt man Luzerne (Kleeart) im Tausch gegen Mist.

Beteiligt am 42 ha umfassenden Betrieb ist auch Christians Bruder, der aber auch noch einen anderen Beruf hat und außerdem oft überbetrieblich (Rundballenpresse) arbeitet. Sehr interessant ist, dass ein Melkroboter angeschafft wurde, zu dem die Kühe „allein“ gehen, nur wenn der Bauer (am Computer – mittels Transponder) merkt, dass ein Tier nicht gemolken wurde, wird es extra hineingetrieben. Der größte Anteil der Milch wird an die NÖM für die Biobutter-Schiene verkauft, sie wird alle zwei Tage abgeholt (mit dem Schlauch aus dem Kühltank abgesaugt). Ein kleiner Teil wird direkt als Rohmilch, Rohmilchbutter, -käse und -joghurt vermarktet. Rohmilch ist nicht pasteurisierte Frischmilch und ist im Kühlschrank 5 bis 7 Tage lang haltbar.

Es ist nun Nachmittag und die Tiere werden von der Weide, auf der sie von April bis Oktober tagsüber stehen, getrieben. Ein wirkliches Erlebnis für alle TeilnehmerInnen! Ein bisschen irritiert ist die Herde schon ob der vielen ZuschauerInnen mit Fotoapparaten, aber sie gehen brav von der saftig grünen Wiese zurück zum Hof.

Und dort gibt es dann für uns zum Abschluss eine liebevoll gerichtete bunte Jause mit Butterbroten, Rohmilch, Käsebällchen und Joghurtvariationen – und das direkt neben den Kühen! Wer hat schon ein Buffet im Kuhstall serviert bekommen?! Wir genießen es!

https://www.biohofberger.at/

Fotos: ÖKL

Annahof

Anfang der 1990er Jahre beschloss das Kloster Laab am Walde, eine Landwirtschaft zur Eigenversorgung zu betreiben, schon damals stand Nachhaltigkeit und Bio im Vordergrund! Ein neuer Hof wurde gleich neben dem Kloster gebaut, 1997 eröffnet und von den Barmherzigen Schwestern bewirtschaftet. Seit 2006 führt Hannes Schabbauer, der unsere Gruppe begrüßt, die mitten im Wienerwald gelegene Landwirtschaft samt Hof biologisch und nachhaltig weiter. Der Betrieb ist sehr vielfältig: Er umfasst ca. 80 ha, davon sind ca. die Hälfte Acker (Weizen, Triticale, Kleegras) für die Fütterung, 2 ha Äpfel (Topas, Kronprinz, Gala, Rubinette …) - das ist die erste Obstplantage im Wienerwald - und viele Wiesen und Weiden. 100 Rinder stehen im Stall und auf der Weide – dort ganzjährig im Freien eine Herde Schottische Hochlandrinder, die wir dort besuchen und die sich in sicherer Entfernung von uns bewundern lassen! Diese Tiere sehen wirklich sehr sympathisch aus! Sie wachsen langsam und das Fleisch wird nach der Schlachtung, die bei allen Rindern direkt am Hof stattfindet (zuerst Bolzenschussapparat, dann Durschneiden der Kehle und Ausbluten), vakuumiert und ruht dann 2 bis 3 Wochen – das macht sich in der Fleischqualität natürlich sehr positiv bemerkbar! Auch Hühner und Schweine gibt es am Hof! Der Speck der Schweine ist z.B. wichtig für die auch hier selbstgemachten Rinderwürste, er ist der Geschmacksträger!

Neben der Produktion von Lebensmittel ist auch Schule am Bauernhof ein wichtiges Standbein am Annahof in Laab am Walde, jeden Vormittag kommen in der schönen Jahreszeit zwei Klassen bzw. Kindergartengruppen auf den Hof und erleben und lernen so, wie Landwirtschaft funktioniert.
Auch wir haben viel dazugelernt und verkosten den köstlichen Käse, schmackhafte Rinderwurst mit einem Glaserl Wein dazu.

https://www.annahof-laab.at/

Fotos: ÖKL

Bericht: Eva-Maria Munduch-Bader

Auf der Fahrt Interessantes über den Biosphärenpark Wienerwald

Während der der Fahrt begrüßt uns auch der Direktor des Biosphärenparks Wienerwald Andreas Weiß, der heute mit seiner Kollegin mit von der Partie ist. Der Biosphärenpark besteht aus sieben Wiener Bezirken (Westen Wiens) und 51 Niederösterreichischen Gemeinden und zieht sich grob von Klosterneuburg bis Alland. Das Gebiet gehört zu den größten Laubmischwäldern Mitteleuropas, beherbergt 33 verschiedene Waldtypen und wird von Buchen dominiert. Vor 150 Jahren wurde das Gebiet, das damals vor allem dem Druck durch den Bau- und Brennholzbedarf ausgesetzt war, von dem damaligen Reichsbeamten Josef Schöffel „gerettet“. Aus dem 1955 gewidmeten Landschaftsschutzgebiet in Niederösterreich und dem Wiener Wald- und Wiesengürtel (schon seit 1905!) entstand die heute gültige Schutzkategorie „Biosphärenpark“ für die „Grüne Lunge“ – vergeben wird ein solcher Status von der UNESCO. Das heißt: 5 Prozent der Fläche müssen außer Nutzung stehen (Kernzone Wald), 31 Prozent sind Puffer- und Pflegezonen und dürfen nicht verbaut werden. Der große „Rest“ ist die Entwicklungszone, sie ist Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung. Hier sollen Wirtschaftweisen entwickelt werden, die den Ansprüchen von Mensch und Natur gleichermaßen gerecht wird.

Wir befinden uns übrigens in der Flysch-Zone (bzw. Sandsteinzone des Wienerwaldes (großteils im nördlichen und westlichen Bereich des Wienerwaldes), im Gegensatz zum Karbonat- bzw. Kalk-Wienerwald im südöstlichen Teil des Wienerwaldes.

Die wichtigsten Aufgaben, die laut UNESCO und der beteiligten Länder Niederösterreich und Wien erfüllt werden müssen, sind: Naturraummanagement, Kommunikation & Bildung, Regionalentwicklung und die Umsetzung von Forschungsprojekten.

2020 hat der Biosphärenpark (der mit 11 MitarbeiterInnen seinen Sitz in Tullnerbach hat) sich zum Ziel gesetzt, Partnerbetriebe zu finden, die einerseits die Nachhaltigkeitsziele des Parks weitertragen können und sollen und andererseits von der Öffentlichkeitsarbeit profitieren. Derzeit gibt es 27 solche Partnerbetriebe und es sollen mehr werden! Einer der jüngsten Betriebe ist der gerade besuchte Biohof Berger, ein Partner der „ersten Stunde“ ist der Annahof!

Einige Highlights in nächster Zeit: noch bis Mitte Mai findet der Biosphärenpark-Coup statt, Tage der Artenvielfalt und Familienfest am 10. Und 11. Juni.

www.bpww.at

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