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Frühlingserwachen - Kirschblüte trifft Gurke & Gin
5. April 2024

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An einem strahlenden und schon sehr warmen Freitagnachmittag Anfang April steigt eine gut gelaunte AfterWork-Runde am Kagraner Platz in den Gemeinschaftsbus. Kornelia Zipper, die Projektleiterin von „AfterWork am Bauernhof“, begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer herzlich und führt – wie immer – bei der Fahrt kurz ins Thema Landwirtschaft ein:
Ca. 155.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe gibt es derzeit in Österreich und sie versorgen uns mit landwirtschaftlichen Rohstoffen und Produkten. Da unser erster Betrieb in Wien liegt, schätzen die Teilnehmenden die Anzahl der Betriebe in Wien: Es sind 707, davon viele Gärtnereien (Gemüse, Zierpflanzen) und Winzer, aber auch Ackerbau- und Forstbetriebe. In Wien werden 73.000 Tonnen Frischgemüse produziert, ein Großteil wird von der „LGV“ vermarktet. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Österreich pro Jahr liegt durchschnittlich bei 124 Kilo Gemüse (Erdäpfel sind da nicht dabei).
Der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse in Österreich beträgt nur 57 Prozent. Bei Gurken in Wien ist das ganz anders, da beträgt er 218 Prozent!
Die erste Station der AfterWork-Partie ist bald erreicht und wir steigen aus:

Gartenbau Flicker, 1220 Wien – der modernste Gurkenbetrieb Österreichs

Martin und Andrea Flicker sowie Hermann Haidvogl begrüßen und öffnen für AfterWork am Bauernhof ihre Glashäuser. Auf insgesamt 42.000 m² Glashausfläche produziert die Familie Flicker in Kooperation mit Familie Haidvogl Gurken in unterschiedlichen Größen. Vermarktet wird über Supermärkte, seit kurzem wird auch eine Direktvermarktungsschiene verfolgt. Nach einer kurzen Einführung ziehen wir uns alle weiße Schutzmäntel und Schuhüberzieher an und begeben uns in die hellen, warmen und feuchten Glashäuser. Hier wachsen seit 2018 hauptsächlich Gurken. Jedes Glashaus ist 180 mal
112 m groß, die Pflanzen werden aus der Steiermark oder Holland oder Ungarn in Kokos-Substrat angeliefert und Anfang Jänner ins Glashaus gebracht, gedüngt und gegossen, geheizt wird mit Gas, die CO2-Konzentration ist im Glashaus 2 bis 3 Mal so hoch wie in normaler Luft, was gut für die Pflanzen ist. Die Pflanzen werden in einem ausgeklügelten System an lange Schnüre gebunden, gewickelt und weit nach oben gezogen. Sie haben schöne gelbe Blüten und wachsen zuerst in die Länge und erst dann in die Breite. Nach ca. einem Monat beginnt die händische Ernte. Jede Pflanze macht in der Woche 6 Blätter und 3 bis 4 Gurken, die Blätter werden weggeräumt, weil sonst leicht Pilze entstehen können (Pflanzengrün geht an die
MA 48, die das Material kompostiert). Pro Jahr werden 2 bis 3 Mal neue Gurken gesetzt. Durch diesen gestaffelten Anbau können hier das ganze Jahr hindurch österreichische Gurken für den Handel produziert werden. Ideal für das Wachstum sind 21 bis 23 Grad tagsüber und 17 Grad nachts. Wenn es in den Glashäusern zu warm ist, können die Glasflächen auch abgedeckt werden.
Im November werden alle Glashäuser ausgeräumt und alles gereinigt. Zu Jahresbeginn kann es dann wieder losgehen.
Gegen Schädlingsbefall sehen wir „Gelbbänder“, mit denen Nützlinge, wie zum Beispiel Schlupfwespen oder Raubmilben, in die Glashäuser eingebracht werden. Diese helfen, als natürliche Feinde von Blattläusen und Spinnmilben einen Befall vorzubeugen. Chemischer Pflanzenschutz wird dann eingesetzt, wenn sonst nichts mehr hilft.
Da wir die Hitze und die Feuchtigkeit nicht gewohnt sind, sind wir froh, wieder aus dem Glashaus rauszukommen und schauen uns noch Gewächshäuser und die Wasserspeicher, die Verpackungshalle und die Bewässerungs- und Düngeanlage an. Denn: Die Gurkenpflanzen brauchen für ihr Wachstum nicht nur viel Licht (18 h am Tag!) und Sonne, auch die richtige Wasserversorgung ist gefragt – so braucht eine Pflanze am Tag ca. 11 Liter Wasser. Hier kommt die computergesteuerte Bewässerungsanlage zum Einsatz. Das Wasser kommt zur einem Drittel aus einer Regenwassersammelanlage, zu einem Drittel vom Brunnen und das dritte Drittel ist das Wasser, welches bereits bei den Pflanzen war und nach Filterung und Reinigung wieder im System eingespeist wird – so der Wasserkreislauf im Gewächshaus. Der Pflanzendünger wird über die Bewässerungsanlage eingespeist.
Abschließend kommen wir in einen mit Kinderzeichnungen ausgeschmückten Raum zusammen – hier finden u.a. auch die Schule am Bauernhof Veranstaltungen statt! Wir können bei einem kleinen Gurkensnack mit Kräuteraufstrich und Brot noch Fragen stellen und als Krönung sogar einen kleinen Gin-Tonic mit Gurke 😊 kosten!

 

Gartenbau Flicker

Speierlinggasse 60
Breitenlee / 1220 Wien

https://www.stadtlandwirtschaft.wien/betrieb/4325869/gaertnerei-flicker

Fotos: ÖKL


Obstkulinarium, Raasdorf, NÖ

Wir steigen in den Bus und fahren nur einen Sprung weiter zum Obstkulinarium. Herr Pohler begrüßt uns im Garten und führt uns dann gleich „hintaus“ zur Halle und den Obstgärten. Wir befinden uns auf einem kleinen konventionellen landwirtschaftlichen Familienbetrieb mit vorwiegend Obstbau auf 14 ha. Die Spezialität: Alles wird direktvermarktet!
Die erste Obstsorte sind die Kirschen – die letzten im Jahr sind Äpfel, Birnen und Zwetschken. Der Betrieb hat alle Steinobstsorten (Kirsche, Weichsel, Marille, Nektarine, Pfirsich, Mirabelle, Ringlotte, Zwetschke), Kernobst (Apfel, Birne) und Beeren: Ribisel und Schwarze Johannisbeere, Weiße Brombeere, Brombeere, Stachelbeere und Himbeere. Erdbeeren gibt
es bei Familie Pohler nicht.
Der Kirschgarten (oder auch „Kirschacker“) zeigt sich in seiner ganzen Pracht, die Blüten sind strahlend weiß und dicht. Da, wo wir stehen, sind die Bäume zwischen 8 und 17 Jahre alt, ein Baum wird leicht weit über 30 Jahre. Weiter hinten sieht
man zu den Marillenbeständen – Marille ist die Hauptfrucht am Betrieb, die beliebtesten bzw. besten Sorten sind die „Klosterneuburger“ und die „Ungarische Beste“. Die eher alten Sorten sind geschmacklich intensiver und interessanter als „neuere“ Züchtungen.
Im Garten diskutieren wir über Frostschäden, Versicherungen, Frostberegnungen, Tröpfchenbewässerung etc. Wir lernen u.a., dass Marillen sehr empfindlich sein können, dass manche Bäume „der Schlag trifft“ und sie dann ohne bekannte Ursache schnell und komplett vertrocknen (2013 und 2014 gingen 30 bis 40 Prozent der Bäume kaputt!).
Geerntet wird auf diesem Betrieb ausschließlich händisch, eigentlich erfolgt nur der zweite Schnitt im Jahr maschinell. In der Erntezeit arbeiten sechs bis sieben Fremdarbeiter als Pflücker mit, die unter der Woche auch am Betrieb wohnen. Der konventionelle Betrieb betreibt „integrierten Obstbau“, das heißt gespritzt wird nur, wenn es einen aktuellen Schädlingsbefall gibt. Einmal im Jahr wird mit Handelsdünger gedüngt.
Nach unserem Spaziergang besichtigen wir das kleine Kühlhaus (da das Frischobst direkt und schnell vermarktet wird, braucht man hier nicht viel Platz) und einen bescheidenen Maschinenbestand. Da fast alles mit der Hand gemacht wird, reicht ein Traktor, ein Baumschneider und ein Obstentkerner. Ganz neu ist ein für uns Laien lustig aussehendes Gerät mit orangen biegsamen Stängeln, das noch nie verwendet wurde und dazu geeignet ist, kleine Früchte abzuschlagen. Das ist hilfreich, wenn zu viele kleine Früchte am Baum sind und diese sich gegenseitig Licht, Platz und Nährstoffe wegnehmen könnten. Im Herbst kann Herr Pohler vielleicht mehr darüber erzählen!
Verkauft wird fast alles direkt im Hofladen – es gibt auch einen ganz neuen, hochmodernen Verkaufsautomaten 24/7 mit Touchscreen zum Bestellen und Kartenzahlung -  und einen Verkaufsstand an der B 8. In der Adventzeit wird auf fünf Weihnachtsstandeln in Wien verkauft.
Zurück am Betrieb begrüßt uns auch die Chefin, Margarethe Pohler. Sie hat schon im schönen Verkostungsraum Gläser für die Verkostung vorbereitet: Edelbrand von der Williamsbirne und vom Pfirsich, Kirschen- und Haselnusslikör sowie 2 Ginsorten. Herr Pohler entpuppt sich als echter Fan und Experte, der gar nicht kosten muss, sondern alles riechen kann!
Die AfterWork Runde macht aber schon einige kleine Schlückchen, denn so fein sind unsere Nasen ja nicht!
Dann gehen wir hinüber in die Schnapsbrennerei. Hier werden die Edelbrände hergestellt, was heißt, Alkohol und Aroma kommen ausschließlich aus der namengebundenen Frucht, also kommt sonst nichts dazu - kein Zucker, keine Aromastoffe, kein anderer Alkohol. Aus z.B. 20 kg Pfirsichen wird ein Liter Edelbrand, aus ca. 15 kg Marillen (je nach Zuckergehalt) ebenfalls. Bei Himbeeren braucht man schon eher 25 bis 30 kg für einen Liter.
Zum Schluss können wir im Hofladen alles (außer reife Früchte natürlich) bestaunen und je nach Lust kaufen: Edelbrände, Liköre, Gin und Schnäpse, Essige, Säfte, Fruchtaufstriche und vieles mehr, das aus Obst, das nicht frisch verkauft wurde,
hier im Obstkulinarium hergestellt wurde.
Zum Teil ganz schön bepackt und durchaus ein bisschen müde steigen wir in unseren Bus und erreichen pünktlich um halb acht unsere Endstation in Wien!


Obstkulinarium
Altes Dorf 12, 2281 Raasdorf bei Wien

http://www.obstkulinarium.at                                                                                                                               Bericht: Eva-Maria Munduch-Bader

Fotos:  ÖKL

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