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Drei auf einen Streich -
Von Landtechnik & Rindermast & Bio-Wein

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Bei freundlichem Wetter starten wir Freitag nachmittags mit dem Bus Richtung Hornstein im Burgenland. 10 Minuten früher als geplant fahren wir ab, was sich gut trifft, da wir heute noch ein umfangreiches Programm vor uns haben. Drei sehr unterschiedliche Betriebe werden wir an diesem Sommertag besuchen: die AGROMAX Gutsverwaltung, den Rindermast-Betrieb Zich und zuletzt den Biohof Lanmüller mit Weinbau und Buschenschank.

Zum ersten Mal mit von der (Land-)Partie ist unsere neue AfterWork-Mitarbeiterin Selina Kräutler. Sie wird Fotos machen, mitschreiben und assistieren.

Kornelia Zipper startet im Bus mit einem Einblick zur heimischen Produktion und bereitet uns auf die Dimension der Gutsverwaltung AGROMAX vor, die ganze 750 ha Fläche bewirtschaftet. Wie eine AfterWork-Teilnehmerin sofort weiß, umfasst 1 Hektar 10 000 m² - das ist etwas mehr als ein Fußballfeld. Außerdem lernen wir, dass es laut Agrarstruktur-erhebung (2020) 155 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe gibt. 48 000 davon sind Ackerbaubetriebe, wie auch die Gutsverwaltung AGROMAX. Im Jahr 2010 gab es österreichweit noch 11 % mehr Bauernhöfe, 5-7 Betriebe sperren also täglich zu.  Dieses sogenannte „Höfeschließen“ stützt den Wachstumstrend von kleinstrukturierten Betrieben hin zu größeren Betriebsflächen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir heute Betriebsbeispiele kennenlernen, die erfolgreich wirtschaften und die Hofübergabe an die nächste Generation bereits geregelt haben.

Wir erfahren, dass die österreichische Landwirtschaft den Pro-Kopf-Konsum von 90 kg Getreide zu 94 % selbst versorgen kann. 5,3 Mio. Tonnen Getreide (incl. Körnermais) werden jährlich im Land produziert. Einflüsse, wie beispielsweise der Ukraine Krieg, wirken sich stark auf die heimische Landwirtschaft aus. Zum einen stiegen seit Kriegsbeginn die Energiekosten. Zum anderen, wie wir später von Stefan Dworzak erfahren werden, liefert die Ukraine zollfrei Getreide in die EU, und beeinflusst somit die österreichische Preisentwicklung. In der heutigen Landpartie werden wir noch häufig auf solche Beispiele globaler Zusammenhänge stoßen.  

Nach dem Exkurs zur Getreideproduktion werden uns Details zur heimischen Fleischproduktion und zum Fleischkonsum präsentiert. So lernen wir, dass ein/e Österreicher:in im Durchschnitt 11 kg Rindfleisch im Jahr isst. Im Vergleich dazu werden 36 kg Schweinefleisch und 13 kg Geflügel im Jahresschnitt verzehrt.

Kurz bevor wir in Hornstein ankommen, als wir unsere Blicke aus dem Fenster schweifen lassen, macht uns Kornelia Zipper auf die vom Menschen geprägte Kulturlandschaft aufmerksam: „Wir können keinen Fleck ohne landwirtschaftliche Nutzung erkennen".

Gutsverwaltung AGROMAX, Hornstein

Als wir nach 30-minütiger Fahrt die AGROMAX Gutsverwaltung ansteuern, warten Stefan, Karin und Sohn Paul Dworzak bereits auf uns. Stefan nimmt uns herzlich in Empfang und startet sogleich mit seiner Führung durch das Gelände. „Die AGROMAX Gutsverwaltung ist eine Kooperation, bestehend aus 4 Betrieben, die gemeinsam wirtschaften und die Anschaffungskosten für die landwirtschaftlichen Maschinen teilen“, lässt er die Gruppe wissen. Die Größe von 750 ha wird anhand einer Vergleichsreihe nationaler wie internationaler Betriebe relativiert. So umfasst Österreichs größter Bauernhof 3000 ha Fläche; unsere Nachbarländer weisen maximale Betriebsflächen von 20 000 ha (Ungarn) und 100 000 ha (Tschechien) auf und der weltweit größte Betrieb liegt in China mit 9 000 000 ha.

AGROMAX produziert verschiedene Getreidesorten und Saatgut. Als wir in der Lagerhalle vor einem riesigen Berg Weizen stehen, erfahren wir, dass die Sortenwahl stark von der Bodenbeschaffenheit und vom Niederschlag abhängig ist. So ermöglichen die Bedingungen im pannonischen Raum mit 550 mm Niederschlag pro Jahr den Anbau des weltberühmten Premiumweizens mit 16,5% Proteinanteil (herkömmlicher Weizen hat 11-13%). Dieser Premiumweizen (sonst nur in Kanada produziert) wird traditionell fürs Backen der Kaisersemmel, aber auch sehr gerne für die Pizzateig-Produktion verwendet.
Ein Teil des Getreides von AGROMAX reist nach Italien, wird dort vermahlen und wiederum im Burj Al Arab in Dubai verbacken - ein weiteres Beispiel der globalisierten Nahrungsmittelkette.

Stefan bringt uns ein rechnerisches Beispiel aus seinem Betrieb: Für eine Tonne Getreide erhält ein Landwirt im Durchschnitt 250 €, eine Tonne Mehl kostet 1000 € und schlussendlich ist eine Tonne Brot 4000 € wert. Laut Dworzak wäre bei einem Tonnenpreis von 350 € für Getreide der Fortbestand der Landwirt:innen gesichert. Die großen, modernen Landmaschinen, die wir danach begutachten, geben uns Anlass, über technische Errungenschaften und die zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft zu diskutieren. Bereits heute ist der Einsatz von Drohnen und automatischen Lenksystemen gang und gäbe. Die Landpartie-Teilnehmer:innen dürfen auf der Halbraupe und den Traktoren sogar „Probesitzen“ und diese von Innen bestaunen. Nicht nur die fortschrittlichen Technologien, sondern auch die globale Erwärmung werden uns in Zukunft weiter beschäftigen. So debattiert die Gruppe über das Überleben von Schädlingen aufgrund der frostarmen Winter, die extremen Wetterereignisse und über die invasiven Neophyten, die das Bauerndasein erschweren.
Bei Jourgebäck, Grammelpogatscherl und Säften wird noch geplaudert, bis wir wieder in den Bus steigen und zum Rindermastbetrieb Zich aufbrechen.

Büro: Gutsverwaltung AGROMAX

Am Neuhof 1
2485 Wimpassing an der Leitha

http://www.agromax.at/

Freitag, 1. September 2023

Fotos: ÖKL

Rindermastbetrieb Wilhelm und Barbara Zich

Der Familienbetrieb liegt mitten im Ort in Wampersdorf und umfasst Gesamtflächen von 100 ha. Aufgrund der beengten Hoflage entschlossen sich Wilhelm und Barbara vor 10 Jahren einen neuen Maststall außerhalb des Ortes quasi „auf der grünen Wiese“ zu bauen und es wurden Mastkapazitäten für 180 Rinder geschaffen. Mit ca. 6 Wochen kommen die zugekauften männlichen Kälber zuerst in den Aufzuchtstall  im Ort und danach in den Maststall, bis sie mit ca. 18 Monaten bei einem Gewicht von 800 kg geschlachtet werden.
Nach ausführlichem Kälberstreicheln am Hof fahren wir gleich weiter zum Neubau außerhalb des Ortes. Bei Willhelm, Barbara und Sohn Peter Zich steht das Tierwohl an hoher Stelle: Die Mastrinder stehen auf Stroh, was sich laut Zich auf Schlaf und Gemüt der Tiere auswirkt. Auch die Ackerflä
chen haben vom Mistaustrag profitiert und sie haben sich in den letzten 10 Jahren betreffend Bodenleben und Wasserspeicherkapazität stetig verbessert. Die Rinder werden mit dem AMA-Gütesiegel + mehr Tierwohl vermarktet.

Barbara Zich serviert uns Kaffee und Kuchen auf der Galerie mit Ausblick über den gesamten Stall. Trotz lockerer Stimmung kommen auch schwierige Themen zu Tage: Bauern und Bäuerinnen sind häufig dem Preisdruck großer Handels-unternehmen ausgesetzt. Der Preis für ein Kilo Rindfleisch reduzierte sich beispielsweise von 5,20 € (Dezember) auf 4,60 €
(Ist-Stand). Betroffenen Landwirt:innen fehlt laut diesem Beispiel 2800 € pro Schlachtung an Umsatz. Gleichzeitig sind Landwirt:innen mit hoher Arbeitsbelastung, langen Arbeitszeiten und steigenden bürokratischen Anforderungen konfrontiert. Auf die Frage wie viel er denn arbeiten würde, fasst es Willhelm Zich folgendermaßen zusammen: „Keiner hat mehr Zeit die Arbeitszeit zu erfassen.“  

Apropos Zeit: Wir müssen schon weiter! Auf geht’s zum letzten Streich in unserer heutigen Reihe!

Wilhelm & Barbara Zich

Obere Haupstraße 12
2485 Wampersdorf

Fotos:  ÖKL

Biohof Richard und Kerstin Lanmüller

Der Bus fährt uns direkt in die Weingärten des Biohofs Lanmüller, die wir bei schönster Abendstimmung erreichen. Heute wurden bereits die ersten Trauben für den Sturm geerntet. Die Rebfläche von 1,5 ha lässt uns jedoch genügend Trauben für so manche Kostprobe übrig. Während wir uns also durch die Sorten naschen, erzählen uns Richard und Kerstin spannende Fakten zu ihrem Betrieb. Die Weinstöcke wachsen bis zu 3,5 m tief in den Boden und sind deshalb besonders trockenresistent. Zusätzliche Bewässerung ist nur sehr selten notwendig. Richard Lanmüller erntet 5000 - 6000 kg/ha Trauben. Da der überzeugte Biobauer keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel nutzt, bekämpft er Krankheiten (Pilze, Mehltau etc.) ausschließlich mit Mitteln der Natur. Zum Beispiel fördert er Nützlinge durch diverse Begrünungs-maßnahmen und bringt im Bio-Landbau zugelassene Substanzen wie Kupfer oder Schwefel aus. Neben Weinbau ist der Biohof Lanmüller auf die Saatgutproduktion spezialisiert. Außerdem wird neuerdings Lavendel angebaut. Er betont wie wichtig das gute Maß an Rückschnitt für die Weintrauben ist! Man muss so viele Blätter entfernen, dass die eingebrachten Mittel wirken, aber noch genügend Photosynthese betrieben werden kann. 

Für die Weinverkostung fahren wir zuletzt zum Buschenschank der Familie Lanmüller wo sich auch Produktionsstätte, Kellerräume und Verkaufsraum befinden.  Bei einem gekühlten Glas Frizzante lernen wir Allerlei zum Gärverfahren. Was
viele nicht wissen: Die rote Farbe für den Rotwein wird aus der Traubenschale und nicht aus dem Fruchtfleisch gewonnen! Auch die Rolle der Barriquefässer, die alle 2 Jahre ausgetauscht werden, können wir klären. Diese verleihen dem Wein Bekömmlichkeit und Geschmack durch ihre Porosität und dem damit verbundenen Sauerstoffeintrag. 

„Der beste Wein auf der ganzen Welt wächst in Österreich in Wampersdorf“, lässt uns Richard Lanmüller wissen und lädt uns noch zur Weinverkostung und Heurigenjause ein. So lassen wir diesen informativen Tag ausklingen und dürfen sogar einen gold-prämierten Zweigelt verkosten.

Biohof Lanmüller

Untere Hauptstraße 7
2485 Wampersdorf

https://www.biohof-lanmüller.at/news.php

Bericht: Selina Kräutler

Fotos:  ÖKL

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