Alternativen in der Landwirtschaft
12. April 2019
Am 12. April fand die erste Afterwork Landpartie mit dem Schwerpunkt „Alternativen in der heimischen Landwirtschaft“ im Jahr 2019 statt. Wir besuchten drei Bio-Betriebe, die etwas anderes machen und deren besondere Betriebskonzepte unterschiedlicher nicht sein könnten.
BIOHOF WEINKIRNHOF in Stössing
Auf dem Weinkirnhof werden wir von der Bäuerin und Dipl. Lebensberaterin Gertraud Magritzer und ihrer 15-köpfigen Fleckviehherde begrüßt. Auf der Weide stehen hier Mutterkühe und Kälber beisammen – ein doch recht ungewöhnlicher Anblick, schließlich werden Kälber in der Regel auf milchproduzierenden Betrieben (egal ob biologisch oder konventionell) sofort oder wenige Tage nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Auf dem Weinkirnhof hat man sich für eine „muttergebundene Kälberaufzucht“ entschieden. Hier dürfen die Kälber ab der Geburt bis zum 4. Lebensmonat bei den Mutterkühen bleiben, erst dann werden sie „abgestillt“. Nutztier-Experte Reinhard Gessl von FIBL erklärt, dass die sofortige Trennung von Mutterkuh und Kalb aus Sicht des Tierwohls nicht artgerecht ist. Warum wird grundsätzlich so bald getrennt? Damit keine Bindung entsteht und sonst weniger Milch zum Verkauf anfällt. Bei der mutterkuhgebundenen Haltung können die Kälber länger bei der Mutter bleiben. Dass dadurch in den ersten Monaten weniger Milch zum Verkauf anfällt, ist am Weinkirnhof nachrangig. Frau Magritzer betont, dass die Tiere bei ihr naturnah aufwachsen sollen und, dass es einfach eine Freude ist, die Tiere gemeinsam auf der Weide zu sehen.
Auf der Weide können die Afterworkler*innen auch die Dynamik in der Kuhherde beobachten. So gibt es zB. immer eine dominante, meist ältere Leitkuh, die sich auch auf der Weide schon mal das beste Stück aussucht und vehement verteidigt. Auch die Kommunikation zwischen den Tieren und gegenüber dem Menschen wurde diskutiert. Sind die Ohren aufgestellt und aufmerksam angestarrt, dann sollte man aufpassen, kommt dann auch noch der Schwanz in die Höhe, wird’s gefährlich. Frau Magritzer betont, dass ihre Kuhherde kein Streichelzoo ist. Das ein oder andere Selfie war aber trotzdem für uns drinnen!
Die Afterworkler*innen erkunden noch gemeinsam den Melkstand, wo die Kühe in der Früh und am Abend gemolken werden. Dann geht es zum kulinarischen Part über! Aber ohne Fleiß kein Preis – die Butter zum selbstgebackenen Brot gilt es erst einmal selber zu schütteln! Wir bekommen jeweils ein Glas mit Sahne drinnen. Nach rund 10 Minuten kräftigem Schüttel-Workout erfreuen sich die Afterworkler an dem einmal kleineren, einmal größeren Butterklumpen und dem „Abfallprodukt“ Buttermilch. Der Stärkung vor unserer nächsten Station steht nichts mehr im Wege!
Am Hof, den Frau Magritzer 1995 übernommen hat, leben 3 Generationen. Aktuell befindet sich die umtriebige Bäuerin in der Ausbildung zum Green Care „Auszeithof“. Bald gibt es auf dem Weinkirnhof die Möglichkeit für Gäste, am Bauernhofleben teilzuhaben, die Ruhe und die Natur zu genießen und ganz einfach dem Alltag zu entfliehen.
Fotos: ÖKL, Reinhard Geßl
BIOHOF Poyerhof in Ried am Riederberg
Der zweite Betrieb, den die Landpartie am heutigen Tage besuchen darf, ist der Poyerhof – der vielfältige, innovative Ackerbaubetrieb von Familie Poyer. 2014 hat der Junior Markus Poyer, welcher zuvor beruflich schon viel in der Welt herumgekommen ist, den elterlichen Betrieb in 4. Generation übernommen und auf Bio umgestellt. Manches ist seitdem gleichgeblieben und vieles hat sich verändert.
Eine Vielfalt an Kulturen, eine Vielfalt an Produkten! Auf dem Betrieb mit insgesamt 40 ha werden 12 Kulturen angebaut: Ackerbohne, Buchweizen, Gerste, Roggen, Schlägler Roggen, Weizen, Sonnenblume, Ölraps, Mohn, Leinsamen, Hanf und Schwarzkümmel. Aus diesen Sortiment an Ölsaaten und Getreide werden unterschiedlichste Produkte hergestellt und die landwirtschaftliche Urproduktion veredelt. Ein Beispiel sind die kaltgepressten Öle, welche in der hofeigenen „Schneckenpresse“ gepresst werden.
Die Afterworkler*innen durften die unterschiedlichen Öle von Hanf, Leinsamen, Mohn, Raps und Sonnenblumen verkosten – dass Öle so verschieden schmecken können?! Die Junior Betriebsführerin Lisa, welche Ernährungswissenschaftlerin ist, ergänzte das geschmackliche Erlebnis mit spannenden ernährungsphysiologischen Tipps. Wussten Sie zB., dass das Leinsamenöl mit dem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren ein reichhaltiges, heimisches Superfood ist? Oder, dass sich das Mohnöl mit dem hohen Anteil an Linolsäuren (zweifach ungesättigte Fettsäure, die der Körper nicht selbst produzieren kann) hervorragend für die Hautpflege eignet?
Die Ölmühle wird am Poyerhof jede zweite Woche angeworfen. Für einen Liter Mohnöl benötigt man 3 kg Mohn, für einen Liter Hanföl benötigt man 5 kg Hanfsamen. Für 15 Liter braucht die Mühle rund 10 Stunden. Die Öle werden unter 50 °C kalt gepresst, warum ist das „kalt“ so wichtig? In kaltgepressten Ölen bleiben durch die schonende Gewinnung ohne Wärmezufuhr Geschmackstoffe, Vitamine und die als gesund geltenden mehrfach ungesättigten Fettsäuren erhalten, so Frau Poyer. Kaltgepresste Öle gelten als besonders reichhaltig und gesund!
Am Poyerhof gibt es auch noch Pustertaler Sprinzen, eine seltene Nutztierrasse, die der ganze Stolz von Markus sind. Derzeit sind sie noch im Stall am Hof, von Anfang April bis November sind die Tiere auf der Weide. Am Poyerhof werden die Kälber erst nach frühestens 6 Monaten von der Mutter getrennt. Einmal im Jahr wird geschlachtet und das Fleisch im eigenen Hofladen verkauft.
Im Hofladen kann man nur schwach werden: selbstgemachte Nudeln, Pestos, Schnäpse, Säfte, vielerlei Sämereien und Öle wohin man schaut. Insbesondere die selbstgemachten Hanfnuss-Kekse hauen uns aus den Socken!
Fotos: ÖKL, Reinhard Geßl
Bioweinbau "Zum Berger" in Grinzing, Wien
Die AfterWork-Landpartie fand beim Bio-Weinbau & Heurigenschank „Zum Berger“ in Grinzing in Wien seinen stimmigen Ausklang. Bei einer g’schmackigen Heurigenjause gibt uns der Wirt Siegfried Dörre einen Einblick in die Bewirtschaftung seiner Weingärten. Auf 0,8 ha werden hier nach biologischen Grundsätzen Weisburgunder und Riesling produziert. Heuer hat er außerdem drei Bienenstöcke in den Weingärten aufgestellt, ein reichliches Blütenangebot in den Weinzeilen und rundherum dient ihnen als Nahrung.
Im Heurigen verkosten wir die Weine und genießen bei Wiener Schrammel-Musik die regionalen Produkte. Ein kulinarischer, interessanter und vielfältiger Tag geht so zu Ende!
Fotos: ÖKL, Reinhard Geßl