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DORF IN DER STADT
LEOPOLDAUER GEMÜSE UND SCHWEINE


28. Juni 23

Ein kleiner Faktencheck ...

: Von allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich, das sind 155.000, sind gerade einmal 0.42% in Wien angesiedelt, also rund 650 Betriebe. Dabei wäre die Nähe zu Ballungsräumen für eine regionale Versorgung sinnvoll. Immerhin verbraucht jede:r einzelne von uns 118 kg Gemüse pro Jahr und nur etwa die Hälfte (58 %) davon kann Österreich durch Eigenproduktion abdecken. Von den 155.000 Betrieben wirtschaften rund 25 % nach Bio-Richtlinien.

Die Wurzeln unseres Essens führen uns auch diesmal nicht weit auf das Land hinaus – genauer gesagt, wir bleiben in Wien. Am Leopoldauer Platz des 21. Wiener Gemeindebezirks sind gleich zwei Bio-Bauernhöfe angesiedelt, die wir uns diesen Mittwoch genauer ansehen werden.  Bio-Gemüse seit 1989 und süße Ferkel im neuen Außenklimastall für Zuchtschweine erwarten uns hinter der Hoftür.

 

BIOHOF PROHASKA,
Leopoldauer P
latz 4, 1210 Wien

Um 15 Uhr treffen wir uns unter dem Walnussbaum im Garten der Familie Prohaska. Der Hof am Leopoldauer Platz 4 ist eingefasst von Wohnhäusern zu fast allen Seiten. Ländliches Ambiente ist vom LeopoldauerPlatz mit befahrener Straßenkreuzung und Baustelle aus kaum zu erahnen, doch einmal durch die Türe und die Großstadt Wien bleibt hinter einer/einem zurück.

Grete Prohaska, deren Familie der Hof bereits seit mehreren Generationen gehört, erzählt über die Entwicklungen besonders nach 1989, denn in diesem Jahr übernahm sie zusammen mit ihrem Mann die Landwirtschaft und sie entschieden sich, ab sofort auf Bio-Landbau umzusteigen. Sie sind einer der Wenigen, welche innerhalb der Stadtgrenze bis heute auch noch eine aktive Bauernwirtschaft betreiben. Denn: früher besiedelten 13 Bauernhöfe den Leopoldauer Platz, heute sind es noch fünf (drei davon sind Bio-Betriebe).

Der Umstieg auf biologischen Anbau war für die Prohaskas, ebenso wie für viele andere Bauernhöfe zu der damaligen Zeit ein Experiment, das sie aber nicht alleine versuchen wollten. Durch Austauschgruppen konnte ein gemeinsamer Weg und Zugang zum eigenen Bio-Hof gefunden werden. Heute bestimmen Fruchtfolge, ein schonender Umgang mit dem Boden, durch ein hohes Maß an Handarbeit und die anhaltende Freude am experimentellen Zugang, die Gemüseproduktion. 

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Wir wandern hinaus zu den Feldern, die sich direkt hinter dem Hof am Stadlweg befinden. Familieneigentum sind tatsächlich aber nur die Felder, die direkt hinter dem Haus liegen, alle weiteren sind zusätzlich gepachtet. Insgesamt bewirtschaften die Prohaskas so 43 ha, hauptsächlich befinden sich diese Flächen auch in Gerasdorf. Doch das lässt uns Grete auch wissen: „Den tollsten Ertrag hat man mit einer solch kleinen, gemischten Fläche!“ Denn: Auf einer kleinen Erhöhung zwischen den Gemüsefeldern erfahren wir, dass die nicht einmal einen Hektar große Fläche vor uns, für das gesamte Sommergemüse verwendet wird. Für den Gemüsebau werden 2/3 der Arbeit aufgewendet. Hier finden wir schon u.a. frische Salate, Mangold, Fenchel und rote Rüben. Die Tomaten sind inmitten eines Getreidestreifens angepflanzt und Grete erklärt uns, dass das ein Versuch ist, die Pflanzen vor der Reiswanze zu schützen (verstecken). Die Karotten sind frisch auf Dämmen gesät – die Dammkultur ist gut gegen Unkraut und wird auch bei Pastinaken und Petersilwurzeln praktiziert.

Es geht weiter quer durch die Gemüsebeete, am Kräutergarten vorbei und in die Maschinenhalle, wo wir alle landwirtschaftlichen Geräte die im Gemüsebau zum Einsatz kommen sehen und einige Handgeräte wie Sämaschine und Hackgerät erklärt bekommen.  Zum Abschluss erwartet uns ein liebevoll gedeckter Verkostungstisch im Innenhof und Grete beantwortet uns noch viele Fragen.  

Fotos: ÖKL + Teilnehmerinnen

BIOHOF MAURER,
Leopoldauer Platz 17, 1210 Wien

 

Es geht nochmals auf den „Stadlweg“ hinaus und wir spazieren 200 m den Feldern entlang und sehen schon linker Hand den neuen mobilen Hühnerstall und die Ziegen der Familie Maurer. Im Hof werden wir herzlich von Andi (mit seiner Tochter Sonja) und seiner Mama Regina empfangen. Andi betreibt zusammen mit seinen Eltern und seiner Frau seinen noch relativ jungen Hof, denn die Schweinezucht und Mast war für die ganze Familie bis vor kurzem noch Neuland. Insgesamt bewirtschaften sie um die 40 ha Ackerflächen, welche für die eigene Futtermittelproduktion verwendet werden und künftig auch in der hofeigenen Mast eingesetzt werden sollen.

Wir dürfen gleich in den Hof hinein – also mitten ins tierische Geschehen. Der Innenhof ist eigentlich ein einziger Schweineauslauf, mit Suhle und Schattenbaum. Wir begrüßen zuerst die Schweine im Auslauf und starten mit der Führung bei den Mastschweinen im großzügigen tiergerechten Außenklimastall mit Welser Buchten. Der große Offenfrontstall ist für 20 Zuchtschweine mit ihren Ferkeln ausgelegt und umfasst 9 großen Buchten. Hier wurde wirklich auf ausreichend Platz geachtet; nicht nur dass die Bio-Auflagen erfüllt sind, sondern die Vorgaben werden um fast das doppelte überschritten! Ihr größter Wurf waren bisher 16 Ferkel, doch da, erklärt uns Andi, sei es schon schwierig dass alle durchkommen. Denn: hat sich ein Ferkel für eine Zitze entschieden hat, bleibt das seine/ihre und hier wird nicht geteilt.

Es folgt eine lebendige, informative Einführung in die Muttersauenhaltung. Neben und vor uns die stets quirligen Ferkelscharen, die neugierig ihre Rüssel zu uns strecken. Die Sauen sind allesamt Schwäbisch-Hällische Landschweine, eine alte Nutztierrasse, die dafür bekannt ist besonders führsorglich mit ihrem Nachwuchs umzugehen.

Nach der Befruchtung sind es dann genau 3 Monate 3 Wochen und 3 Tage bis zur Geburt der Ferkel, die dann bis zu maximal 8 Wochen zusammen mit ihrer Mutter eine Bucht bewohnen. Die Jungschweine bekommen über diese Zeit immer mehr zusätzliches Futter und nach den zwei Monaten ist es dann Zeit sie von der Mutter zu trennen, um noch 4 Wochen mit Gleichaltrigen und einem neuen Futterplan am Hof zu bleiben.

Danach geht es dann weiter zu dem Mastbetrieb, wo es erst nach zirka 9 Monaten zur Schlachtung kommt. Im Vergleich: in der konventionellen Landwirtschaft wird der ganze Prozess innerhalb von 6 Monaten durchlaufen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dann bestaunen wir noch den Hauptdarsteller des Geschehens: Meister Eber - ein 225 kg handzahmer Pietrain-Eber. Andi streichelt ihn am Bauch und er legt sich sofort genüsslich hin, um die Streicheleinheiten zu genießen. Die trächtigen Sauen kommen kurz vor der Geburt in die Buchten wo sie sich zurückziehen können und ihr Nest bauen. Die sich bereits in Mutterschaft befindenden Damen Resi, Gundi, Kamilla und Sissi tummeln sich noch im Auslauf herum.
Pro Monat wird ein Mastschwein bei einem befreundeten Betrieb in der Nähe geschlachtet und das Frischfleisch, sowie die Verarbeitungsprodukte werden über den Selbstbedienungsautomaten am Stadlweg vermarktet.
Wir gehen zur nächsten Attraktion – am Stadlweg im Auslauf sind die handzahmen Ziegen und der neue mobile Legehennenstall mit 215 neugierigen Henderln und ihren zwei Hähnen. Wir streicheln die Ziegen und zum krönenden Abschluss dürfen wir noch im Dinkelspelzen-Nest im Hühnerstall die Eier suchen und abnehmen. 

Der schöne Ausklang ist die Verkostung! Wir können uns von der hohen Qualität der Produkte überzeugen: Wunderbarer Speck, super guter Selchaufstrich und Grammelschmalz, selbst gemachter Ei-Aufstrich sowie kalt gepresste Öle. Viele kaufen noch bei Andi im Selbstbedienungsautomaten ein – und mental und körperlich gestärkt gehen alle zufrieden nach Hause.

AfterWork am Bauernhof_Dorf in der Stadt_230628 (49).JPG

Fotos: ÖKL + Teilnehmerinnen

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