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Spezial-AfterWork

Pizza am WeltTellerFeld - Vom Acker in den Lehmofen

am Freitag, 22. September 2023

WeltTellerFeld, 1220 Wien
 

An einem warmen Frühherbstnachmittag kommt eine
AfterWork-Partie am WeltTellerFeld in Wien zusammen.
Kornelia Zipper, die das Projekt AfterWork am Bauernhof leitet,
begrüßt die Runde der am Thema Ernährung interessierten
Teilnehmerinnen und Teilnehmer und stellt uns Anna Krulis
und Carina Scheibreithner vor, zwei en
gagierte Gründer:innen
des WeltTellerFelds vom Ernährungsrat Wien. Außerdem wird
Reinhard Geßl, Vertreter des Projektpartners FiBL, willkommen
geheißen.
Hier waren wir schon einmal! Wer kann sich erinnern???
Am 21. April hat die AfterWork-Partie hier mit der Hand Weizen
angesät, in die Erde eingearbeitet und gegossen. Und heute
schauen wir, wie es weitergegangen ist! Außerdem haben wir
damals Paradeiser und Kräuter gepflanzt, diese werden heute
gegessen.
Zur Einführung erklärt uns Kornelia Zipper ein bisschen etwas zum Projekt AfterWork, welches Städterinnen und Städter zu den Wurzeln unseres Essens führt. Dann einige Zahlen und Fakten aus dem brandneuen Grünen Bericht: In Österreich gibt es 155.000 landwirtschaftliche Betriebe, die Zahl nimmt bedauerlicherweise ständig ab, da jeden Tag 5 bis 7 Höfe für immer zusperren.
Einige ausgewählte Zahlen zum Pro Kopf Verbrauch und Selbstversorgungsgrad in Österreich: Jede Österreicherin bzw. jeder Österreicher verbraucht im Jahr ca. 87 Kilo Getreide, der Selbstversorgungsgrad liegt bei 87 Prozent. Bei Gemüse sind es 124 Kilo bei 57 Prozent Eigenversorgung, wir essen 34 Kilo Schweinefleisch (Selbstversorgung 108 Prozent), 53 Kilo Erdäpfel (Selbstversorgung 90 Prozent). In den letzten Jahren ist eine langsame Zunahme beim Gemüseverzehr und eine langsame Abnahme des Fleischkonsums zu bemerken.
Vor der Führung kümmern wir uns heute zuerst um die Vorbereitung der Pizza, die wir gemeinsam backen wollen. Einige helfen zusammen, den Pizzateig vorzubereiten. (Wir verwenden hier gekauftes Mehl, der Weizen, den wir angebaut haben, dient zur Veranschaulichung.) Germ und Wasser mischen, Mehl und Wasser dazu, Salz, etwas Öl, das war´s und nun wird geknetet. Zwei TeilnehmerInnen wechseln einander ab, weil es ganz schön anstrengend ist. Daneben am Tisch wird schon Gemüse geschnitten und Kräuter gezupft, die Anna vorher für uns vom Beet geholt hat.
Daneben steht der von den MitarbeiterInnen vom WeltTellerFeld selbst gebaute Lehmofen. Bald brennt das Feuer … und nun muss gewartet werden, denn sowohl der Teig als auch das Feuer bzw. die Glut brauchen Zeit.
Mit dem guten Gefühl, dass der Teig rastet und der Ofen heiß wird, beginnen dann Anna und Carina die Führung durch das 3000 Quadratmeter große „WeltTellerFeld“. Dieses „Bildungsfeld“ veranschaulicht, wieviel Fläche ein Mensch in Österreich durchschnittlich pro Jahr für die eigene Ernährung braucht und wie sich diese zusammensetzt. Die Idee dafür entstand 2020 in Anlehnung an den Film von Kurt Langbein „Anders essen – Das Experiment“ und wird von einer Gruppe engagierter junger Leuten getragen. Das Projekt WeltTellerFeld konnte durch die Kooperation mit dem Ernährungsrat Wien, der Kleinen Stadt Farm, Hallo Klima! und Brot für die Welt in die Praxis umgesetzt werden. Angeboten werden unterschiedliche Führungen und Workshops, für Kinder und Erwachsene, für unterschiedliche Gruppen, aber das Feld kann auch jederzeit bei einem Spaziergang besucht werden!  
Das Feld ist in vier Teile geteilt: Fläche für pflanzliche Lebensmittel und Fläche für tierische Lebensmittel und dabei jeweils Fläche im In- und im Ausland. Diese Flächen sind auf Übersichtstafeln in unterschiedlichen Farben dargestellt. Und die tatsächlichen Flächen am WeltTellerFeld sind mit Schnüren abgeteilt und mit bunten „Tellern“ beschildert! Die Besucher:innen spazieren also durch die gekennzeichneten Flächen mit den unterschiedlichsten Kulturen (echt angepflanzt!!!).
Wir starten unseren Ernährungsrundgang im „Ausland“, denn von dort stammt knapp über die Hälfte all unserer Produkte. Ca. 60 Prozent davon sind andere EU-Länder. Und wir hanteln uns dann im großen Bogen zum Inland. Große Flächenanteile werden für die Futterproduktion für die Tiere, die wir Menschen essen, gebraucht. Auf den Tellern sind die Kulturen und Sorten und die dafür gebrauchten Flächen angegeben. Was man am WeltTellerFeld insgesamt alles sehen kann, lässt sich in keinen Kurzbericht zusammenfassen, 3.000 m2 sind ganz schön viel und die bunten Teller und kleinen abgesteckten Flächen zahlreich!!!  Daneben werden noch andere Themen wie z.B. das Klima, die „Gerechtigkeit“, CO2 Äquivalente etc. etc. angeschnitten.
Jetzt wird’s echt spannend: Wir schauen uns das „Weizenfeld“ an, das wir im April angesät haben. Da es beim WeltTellerFeld nicht um echte landwirtschaftliche Produktion, sondern um Anschaulichkeit, Begreifbarkeit und Erlebbarkeit geht, ist das Feld noch nicht abgeerntet und sehr verunkrautet. ABER wir sehen tatsächlich auch den Weizen und ernten einige Garben. Die legen wir auf ein großes Tuch, raffen es gut zusammen und dann geht’s ans händische Dreschen! Mit Schwung und Kraft wird der Sack auf den Boden „gedroschen“. Dann machen wir das Tuch auf und können die Weizenkörner, die sich aus den Ähren gelöst haben, in die Hände nehmen und ausblasen, dann in einen Behälter füllen. Diese Schritte erledigt auf den Getreidefeldern heutzutage natürlich der Mähdrescher.
Neben unserem Pizzaofen steht eine kleine Mehlmahlmaschine, die wir mit der Hand betätigen. So richtig fein wird unser selbstgemachtes Mehl nicht, es ist eher ein Schrot. Trotzdem haben wir alle prinzipiellen Schritte von der Saat über die Ernte bis zur Mahlung erlebt und das vergessen wir nicht so schnell!
Dann wird gebacken! Aus dem in Kugeln geteilte Teig entstehen auf kleinen Holzbrettern die Pizzaböden, die mit Sugo bestrichen und mit Gemüse, Kräutern und Pilzen von „Hut und Stil“ (aus der Kleinen Stadtfarm, nicht weit von hier!) belegt werden. Mit ein bisschen Schwung werden die Pizzen auf den Steinboden des Lehmofens "eingeschossen". Die glosende Asche muss natürlich vorher weggeschoben werden, damit der Teig nicht schwarz wird. Ca. 400 Grad hat es da drinnen und in nicht einmal zwei Minuten ist die Pizza fertig! 13 Pizzen gehen sich mit unserem Teig aus und wir lassen nichts übrig! Anschließend bekommen wir von Reinhard Geßl eine kleine Einführung in die Mehlkunde und erfahren, was die Buchstaben und Zahlen auf dem Mehlpackerl bedeuten. Und ein Teilnehmer bekennt sich dazu, Pizzaexperte und -fan zu sein und erzählt uns einiges aus seinem Erfahrungsschatz.
Gestärkt gehen wir wieder auf das WeltTellerFeld und begegnen einem riesigen Schwein, einer kleinen Kuh, einem winziges „Ziegenschaf“ und einem unverhältnismäßig großen Huhn (alle aus Holz), die uns deutlich machen, wie viel Fleisch von welcher Tierart wir zu uns nehmen. In Österreich isst jede Person im Durchschnitt und pro Jahr knapp 60 Kilo Fleisch, davon ca. 34 kg Schweinefleisch, 13 kg Geflügel, 11 kg Rind und dazu ein bisschen Schaf und Ziege. Rinder brauchen zwar anteilig die meiste Fläche, sie leben aber zum Großteil vom Grünland, also von „Gras“, das für den Menschen nicht verwertbar ist. In den vier Mägen können die Wiederkäuer Gras in Eiweiß umwandeln. Für z.B. Schweine muss das Futter angebaut werden. Anna und Carina lassen uns zwischendurch immer wieder etwas schätzen, dadurch merken wir uns die vielen interessanten Dinge hoffentlich leichter!!!

AfterWork_Pizza am WeltTellerFeld_(c) ÖKL_230922 (19).jpg

Bericht: Eva-Maria Munduch-Bader

Fotos: Reinhard Geßl, ÖKL

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