




AfterWork serviert
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Knabberhanf &
Straußenei
Donnerstag, 08. August 2025

Heute startet unser Afterwork am Bauernhof Landpartie in die Ötscherregion, zunächst nach Oberndorf an der Melk und anschließend nach St. Leonhard am Forst. Mit uns im Bus ist Fachreferent Reinhard Geßl, der zum Thema Tierwohl in der Geflügelhaltung referiert – speziell zum Vogelstrauß.
Vogelstrauße sind die größten Vögel der Welt und erreichen je nach Art eine Höhe von bis zu 2,75 Metern sowie ein Gewicht bis zu 150 kg. Sie können ein Alter bis zu 60 Jahren erreichen und zeichnen sich durch ihre enorme Geschwindigkeit aus – afrikanische Strauße laufen bis zu 70 km/h. In freier Wildbahn leben sie in offenen Landschaften
wie Savannen oder Wüsten.
Strauße sind sehr wachsam und besitzen eine ausgezeichnete Sehkraft. Ungewohnte Situationen oder unbekannte Personen können bei ihnen Panikreaktionen auslösen, im Extremfall greifen sie mit kräftigen Fußtritten an. Auch Handaufzuchten behalten häufig instinktive Flucht- und Abwehrmechanismen bei. In freier Natur leben afrikanische Strauße während der Paarungszeit in Gruppen aus einem Hahn und mehreren Hennen; beim Brüten wechseln sich Männchen und Weibchen ab. Bei Nandus (nahe Verwandte der Strauße) übernehmen die Männchen die Brut und Aufzucht der Eier mehrerer Weibchen.
In der Nutztierhaltung werden Strauße hauptsächlich zur Fleisch- und Eierproduktion sowie für Federn und Leder gehalten. Straußenfleisch ist kräftig rot, besonders fettarm und zart, geschmacklich vergleichbar mit Rindfleisch. Ein einzelnes Ei kann bis zu 1,7 kg wiegen – das entspricht etwa 25–30 Hühnereiern – und Hennen legen bis zu 100 Eier pro Jahr. Federn und Leder der Tiere finden als Modeaccessoires, Staubwedel oder für Handtaschen und Geldbörsen Verwendung.
Für eine artgerechte Haltung in Österreich gelten spezielle Anforderungen: Strauße müssen in sozialen Gruppen mit genügend Platz, Weidemöglichkeiten, Sandflächen zum Sandbaden und Stallräumen mit Futter- und Tränkeeinrichtungen gehalten werden. Dabei ist auf Zaunhöhe, Sichtbarkeit, Mindestflächen pro Tierzu achten, um ihren natürlichen Bewegungsdrang und ihr Revierverhalten zu berücksichtigen.
Straußenhof Halmer, Oberndorf an der Melk, NÖ
Nach dieser fachlichen Vorbereitung zum Thema kommen wir beim Straußenhof Halmer von Andrea und Josef an und gehen direkt zum Straußengehege. Hier leben zwei Gruppen Vogelstrauße, jeweils bestehend aus einem Männchen und vier Weibchen. Andrea und Josef halten Strauße seit 18 Jahren – ursprünglich wollten sie sich einfach in einer Nische spezialisieren. Nach einigen Überlegungen und einem Blick in die Senfproduktion entschieden sie sich schließlich für Strauße.
Sie betreiben einen reinen Eierproduktionsbetrieb und stellen keine Fleischprodukte her. Die Tiere, die heute bei ihnen leben, bekamen sie als Jungstrauße – und diese sind jetzt schon seit 18 Jahren Teil des Hofes. Vogelstrauße können bis zu 60 Jahre alt werden und produzieren bis zu 40 Jahre lang Eier, etwa zwei bis drei Stück pro Woche.
Im Frühjahr legen die Tiere ihre Rangordnung neu fest. Anhand der Ei-Position im Nest lässt sich erkennen, welche Henne die Leithenne ist – ihr Ei liegt in der Mitte. Am Hof werden keine Eier ausgebrütet, aber wir erfahren, dass Straußeneier 42 Tage bebrütet werden müssen – zum Vergleich: ein Hühnerei nur 21 Tage.
Strauße sind Allesfresser. Sie fressen Luzerne, Körnerfutter und sogar kleine Mäuse. Männchen sind schwarz gefiedert, Weibchen hingegen tragen ein graubraunes Gefieder. Strauße haben ausgezeichnete Augen und können bis zu 300 Meter weit sehen. Ihr Gehirn ist jedoch nur so groß wie eine Haselnuss – und damit kleiner als ihr schönes, großes Auge. Intelligenz gehört also nicht unbedingt zu ihren Stärken.
Am Hof gibt es unterschiedliche Produkte: ganze Straußeneier zum Kochen, Schmuck- und Kunsthandwerk aus Straußeneierschalen, Nudeln oder Eierlikör aus Straußeneiern. Auch Produkte anderer Straußenbetriebe in Österreich sind im Angebot, etwa Staubwedel oder einzelne Straußenfedern. Diese Federn laden sich statisch auf und ziehen Staub an.
Die nächsten Verwandten der Strauße sind Emus, Nandus und Kasuare. Ein Straußenküken muss 500 bis 1.000 Mal mit dem Schnabel die Schale anpicken, bis es schlüpft – eine echte Schwerstarbeit.
Die Strauße am Hof von Andrea und Josef verbringen rund 85 % ihrer Zeit im Freien. Sie brauchen viel Platz zum Laufen, aber auch der Stall ist gesetzlich vorgeschrieben, und hier findet die Fütterung statt. Sie sind von manchen Seuchenregelungen, etwa bei der Vogelgrippe, ausgenommen – auch dann müssen sie unbedingt draußen sein. Gerade in der Paarungszeit ist Vorsicht geboten - sind sie sehr urtümlich und können auch einmal gefährlich werden.
Nach all den Informationen dürfen wir die Strauße durch den Zaun füttern. Anschließend verkosten wir eine Eierspeise von zwei Straußeneiern, können Produkte einkaufen und beobachten, wie sich die Strauße am Sandplatz ausgiebig wälzen – das dient der Gefiederpflege und dem Schutz vor Parasiten.
Baumbach 1A
Hanfwelt Riegler-Nurscher, St.Leonhard am Forst, NÖ
Unsere Reise führt uns weiter zur Hanfweld Riegler-Nurscher, wo uns der Betriebsleiter Stefan Riegler-Nurscher bereits erwartet.
Er gibt Einblicke in die Geschichte des Betriebes: 1996 stellen seine Eltern auf Bio um, und bald darauf entdecken sie den Hanf für sich.
Stefan erklärt, dass Hanf eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit ist – seit Jahrtausenden genutzt und seit über 2.000 Jahren auch in Österreich angebaut. Zum Vergleich: Mais wird hier erst seit etwa 75 Jahren kultiviert. Hanf ist besonders verträglich, es gibt keine bekannten Allergien, und selbst Nussallergiker können ihn problemlos konsumieren.
Hanf ist zudem eine sehr ressourcenschonende Pflanze:
• Er benötigt deutlich weniger Wasser als viele andere Kulturen.
• Er kommt ohne Pflanzenschutzmittel aus.
• Er lockert den Boden tiefgründig mit seiner Pfahlwurzel.
• Er wächst schnell und unterdrückt Beikräuter durch seine dichte Blattmasse.
Die Aussaat erfolgt Anfang bis Ende Mai mit der Drillsaatmaschine. Bereits am zehnten Tag ist der Hanf gut sichtbar und wächst rasant. In der EU sind etwa 40 Hanfsorten zugelassen, die im Sortenkatalog verzeichnet sind – der Anbau wird streng kontrolliert. Geerntet wird Anfang September, innerhalb von vier bis fünf Wochen.
Die Samen werden sorgfältig getrocknet und weiterverarbeitet – der Betrieb hat 15 Produkte im Sortiment, von Knabberhanf über Hanfnudeln bis hin zu Hanföl. Insgesamt liegt die Erntemenge inklusive der Vertragspartner bei etwa 400 Tonnen. Hanf kann auch zu Dämmstoffen verarbeitet werden.
Danach sehen wir die Weidegänse: 1.200 Tiere kommen im Alter von einer Woche auf den Hof. Alle 14 Tage wechseln sie die Weide. Vermarktet werden sie über den Handel, ein Teil wird auch direkt für Martini ab Hof vermarktet.
Einen kurzen Fußmarsch weiter durch die wunderschöne hügelige Landschaft kommen wir zum Hanffeld. Auf dem Hanffeld erklärt uns Stefan die Fruchtfolge: Er baut viele Kulturen im Wechsel an, Hanf steht nur alle vier bis fünf Jahre am gleichen Platz. Die Fruchtfolge ist wichtig, um den Boden gesund zu halten, Nährstoffe zu schonen und Krankheiten oder Schädlinge zu reduzieren. Stefan betont nochmals den positiven Effekt von Hanf als Kulturpflanze: Er ist ein Tiefwurzler, seine Pfahlwurzel reicht bis zu 1,5 Meter tief. Er verdrängt Beikräuter und ist daher ideal für den Bioanbau.
Am Betrieb gibt es drei strenge THC-Kontrollen (Suchtgift-Kontrollen) pro Saison – angebaut wird nämlich ausschließlich Nutzhanf. Nach der Ernte werden die Samen gereinigt und sortiert. Wicke und andere Fremdsamen werden nach Gewicht ausgesiebt. In großen Big Bags lagern die Hanfsamen, die dann zu Öl gepresst oder als ganze Samen verkauft werden.
In der Produktionshalle sehen wir, wie gerade Leinöl gepresst wird. Danach verkosten wir Hanfkuchen aus Hanfmehl, Knabberhanf, Schokolade mit Hanf, Hanfsirup und weitere Spezialitäten. Viele nutzen die Gelegenheit zum Einkaufen im Hofladen mit Judith und Barbara Riegler-Nurscher und zum Stellen von Fragen zum Anbau, zur Ernte und zum Betriebskreislauf.
Am Abend fahren wir mit dem Bus zurück in die Stadt – bereichert mit viel neuem Wissen über eine faszinierende und gleichzeitig fremdartige Nutztierart und über die ressourceneffiziente, vielfältige Kulturpflanze Hanf.
Hanfwelt Riegler Nurscher
Straß 1
3243 St.Leonhard am Forst
Fotos: ÖKL, Reinhard Gessl, M.Koliha
Fotos: ÖKL, Reinhard Gessl, M. Koliha






















































